Augenblicke

Augenblicke, bis uns die Augen aufgehen

Foto: MZ

Ausstellung in Holzkirchen

In der Filiale Holzkirchen der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee sind jetzt Fotografien der Miesbacher Fotografin Candida Schlichting unter dem Titel „Augenblicke, bis uns die Augen aufgehen“ zu sehen. Es lohnt sich, in die erste Etage zu steigen und sich den mit der Kamera eingefangenen Augenblicken anzuvertrauen.

„Das Auge macht das Bild, nicht die Kamera.“ Diese Worte der Fotografin Gisèle Freund, so schreibt Candida Schlichting zu ihrer Vita hinzu, seien die treibende Kraft ihrer Arbeit, die sich fast ständig mit dem Sichtbarmachen ihrer Umgebung beschäftigen. Die Miesbacherin ist bekannt dafür, dass sie mit ihren Augen Dinge entdeckt, die anderen verborgen bleiben. Herausgenommen aus ihrer Umgebung werden die Details zu besonderen Momenten.

Wieder einmal überrascht Candida Schlichting mit solchen Augenblicken und ermuntert dazu, ebenfalls aufmerksam durch die Welt zu gehen. Man steht vor den Bildern und fragt natürlich sofort, was das denn sein könnte, der Kopf will einsortieren, klassifizieren. Aber es gibt keine Bildtitel.

Augenblicke
Foto: MZ

So muss sich die Betrachtende damit begnügen, die Einzigartigkeit dieses Bildes auf sich wirken zu lassen. Und natürlich assoziiert sie mit Bekanntem. Einfach ist es bei dem Blick durch den Rundbogen in einen Garten.

Was aber sind die plisseeartig gefalteten Streifen? Es könnten Solarmodule sein. Ist es wichtig? Nein, die Strukturen in ihren Farbabstufungen, in denen das Licht so unterschiedlich reflektiert wird, sind schön.

Augenblicke
Text. Foto: MZ

Und was sind die rötlichen und gelblichen aufeinandergestapelten Objekte? Stoffballen? Dachziegel? Auch hier wirkt die unwillkürlich erzeugte Komposition der Farben und der Strukturen, sicher nicht willentlich erzeugt, aber von der Fotografin gesehen.

Bei drei nebeneinanderstehenden Bildern tu ich mich leichter. Mein Hirn kann die Motive einordnen und freut sich. Fenster mit aufgehängter Wäsche in einem alten, etwas morbide anmutendem Haus, wird mir signalisiert. Tristesse oder Melancholie vermittelt mir das Bild.


Foto: MZ

Daneben Wasser, wohl ein schmaler Flusslauf, in zwei enge Begrenzungen gezwängt. Ein schmaler diagonaler Streifen glitzert, etwa von einer Straßenlaterne beleuchtet? Vorn sind Beugungserscheinungen zu sehen, vielleicht hat ein hinein geworfener Stein da Wellen erzeugt.

Bei dem rechten Bild komme ich schon wieder ins Grübeln. Ist das etwa ein Fensterkreuz? Aber das Holzkreuz ist doch nicht symmetrisch, da passt etwas nicht. Und geht der Blick hinein oder hinaus? Ist das eine Gardine oder ein aufgehängtes Wäschestück? Das Auge sucht nach Erklärungen, entscheidet sich dann aber, sich an dem ungewohnten Anblick zu erfreuen.


Foto: MZ

Wieder ein Foto, dass ich zumindest zum Teil verstehe, eine klobige Kette umfasst ein Objekt. Was ist da angekettet? Ich verbiete mir die Frage und kann die Farbnuancen an den beiden Teilen wahrnehmen und die dabei erzeugten Schwingungen.

Bei den beiden letzten Bildern frage ich nicht mehr, sondern erfreue mich an den Strukturen des linken Bildes und am morbiden Charme des rechten. Und nehme mir vor, weniger rasch und blicklos durch die Gegend zu gehen, sondern Augenblicke wahrzunehmen.


Foto: MZ

Candida Schlichting schreibt: Fotografie kann die Wirklichkeit akribisch wiedergeben. Doch bietet sie auch die Möglichkeit, diese Wirklichkeit mit einem malerisch wahrnehmenden Auge zu übersetzen. Gewissermaßen als Verwirklichung eines in der Form, dem Licht, der Stimmung einmaligen Augenblicks. Details, die sich dem flüchtigen oder lediglich auf das Spektakuläre gerichteten Blick entziehen, bekommen ein neues Gewicht und wecken möglicherweise auch im Betrachter die Lust, zu erfahren, wieviel Erstaunliches, Unverwechselbares im Blickfeld liegen kann.


Candida Schlichting bei ihrer Ausstellung in der Raiffeisenbank Gmund. Foto: Petra Kurbjuhn

Wer sich vorab einen Einblick in die Fotokunst von Candida Schlichting verschaffen möchte, dem sei das Video auf ihrer Webseite empfohlen, mit dem sie begleitet von der Musik ihres Sohnes Johannes einen Rundgang durch ihre Fotografien ermöglicht.

Die Ausstellung „Augenblicke, bis uns die Augen aufgehen“ in der Holzkirchner Filiale der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee von Candida Schlichting ist zu den Öffnungszeiten der Bank zu sehen.

Zum Weiterlesen: Gemalte Fotografien von Candida Schlichting

Gefällt Ihnen dieser Beitrag? Bitte besuchen Sie uns auf