St. Josef mit Leben füllen

cantica nova und die Johannes-Passion

cantica nova in St. Josef. Foto: privat

Konzert in Holzkirchen

Am 31. März ist in der Kirche St. Josef die Johannes-Passion mit dem Holzkirchner Chor cantica nova zu hören. Im Interview erzählt Chorleiterin Katrin Wende Ehmer, warum sie sich für dieses Werk in der Passionszeit entschieden hat.

KulturVision: Nach langer Pause, die Corona dem Chor aufgezwungen hat, führt cantica nova holzkirchen wieder ein großes Werk für Soli, Chor und Orchester auf. An die 60 Mitwirkende werden daran beteiligt sein. Warum haben Sie sich für die Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach entschieden?

Katrin Wende-Ehmer: Gerade wegen der Pandemie! Es war notwendig und eine große Motivation, den Sängerinnen und Sängern sowie unserem treuen Publikum etwas besonderes zu bieten. Der Chor ist wieder vollzählig dabei und probt mit Begeisterung – wie in alten Zeiten.

KV: Das Werk stellt hohe Anforderungen an den Chor. Vor allem die sogenannten Turba-Chöre, in denen Bach die am Passionsgeschehen beteiligten Gruppen zu Wort kommen lässt, sind höchst anspruchsvoll vertont. Selbst gute Laienchöre wie cantica nova stoßen damit an ihre Grenzen. Wie haben Sie die gut 40 Sängerinnen und Sänger an diese dramatischen Chorsätze herangeführt?

KWE: Diese Musik ist so einprägsam, zwingend und genial, dass sich die Passagen, Motive und Koloraturen auch dem Laiensänger gut vermitteln lassen. Der Text ist absolut bildreich vertont. Wenn man weiß, welche Person oder Gruppe im Passionsgeschehen gerade verkörpert wird, ist der Notentext auch sehr gut zu lernen. Ich denke besonders an die vielen kurzen Chöre der aufgewühlten Schar. Die Passion hat eine unglaublich starke Handlung, wir wissen, was wir da singen. cantica nova ist ein sehr versierter Laienchor, hat die Passion bereits zwei Mal gesungen und ist hochmotiviert. Das hilft natürlich bei der Einstudierung. Allein bei einem Probenwochenende in der Bayerischen Musikakademie Marktoberdorf haben wir zusammengerechnet an die 15 Stunden an dem Werk gearbeitet.

Johannes-Passion für Karfreitags-Liturgie

KV: Bach hat nach der Johannes-Passion auch noch die Matthäus-Passion für die Karfreitags-Liturgie komponiert. Worin unterscheiden sich die beiden Passionen?

KWE: Ich persönlich empfinde die Johannes-Passion als enger, dichter und dramatisch schneller gegenüber der sehr viel längeren Matthäus-Passion. Ich bin begeisterte Anhängerin beider Passionen – ohne Präferenz. Beide sind einzigartige Meisterwerke, eine Wahl kann ich nur nach der zur Zeit möglichen Machbarkeit treffen. Die Matthäus-Passion erfordert zwei Chöre und Orchestergruppen, Kinderchor und den entsprechenden Bühnenplatz, auch die Aufführungskosten sind sehr viel höher. Das ist derzeit nicht machbar. Die Genialität beider Passionen ist so gewaltig, ich würde am liebsten beide an einem Tag aufführen.

Johannes-Passion
Chorleiterin Katrin Wende-Ehmer. Foto: privat

KV: Für viele Musikschaffende ist Bach der bedeutendste Komponist. Welchen Stellenwert hat er in Ihrem musikalischen Wirken?

KWE: Nicht nur für mich als Chorleiterin ist Bachs Musik die höchste der Klangkunst überhaupt. Ich kann meine Liebe und Hingabe an seine Musik gar nicht in Worte fassen – er ist einfach der Größte.

KV: Die Holzkirchner Kirche St. Josef ist wegen ihrer kegelartigen Form akustisch nicht unproblematisch. Haben Sie inzwischen ein Rezept, mit dem Solisten, Chor und Orchester auf allen Plätzen als harmonisches Ganzes zu hören sind?

KWE: Leider nicht. Nach jedem Konzert erreichen uns sehr unterschiedliche Rückmeldungen sowohl von den Zuhörenden als auch von den Mitwirkenden. Es gibt wohl Bereiche, wo sich der Klang besonders gut mischt, aber auch solche, in denen man kein so gutes Gesamtbild hat.

cantica nova und Corona

KV: Corona hat vielen Laienchören schwer zu schaffen gemacht. Nicht wenige verschwanden ganz von der Bildfläche, andere verloren in erheblichem Umfang Mitwirkende. cantica nova holzkirchen scheint vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen zu sein. Wie hat der Chor das hinbekommen?

KWE: Wir haben uns wirklich gut durch die Pandemie bewegt. Als einer der wenigen Chöre sind wir immer den erlaubten Weg gegangen und haben in kleinen Gruppen nacheinander, mit viel Lüftung, Decken und heißen Getränken, mit dem geforderten Abstand, Tests, Impfung und sogar in Einzelproben gesungen. Das hat während der gesamten schwierigen Zeit den Zusammenhalt des Chores samt seiner kulturellen Bedeutung für die Region geprägt.

KV: Dennoch plagen cantica nova wie viele andere Chöre auch Nachwuchsprobleme bei den Männerstimmen. Der angeschlossene Kinderchor und der Jugendchor können das Problem bisher nicht beheben. Was raten Sie am Chorgesang interessierten jüngeren Tenören und Bässen, die mit cantica nova liebäugeln?

KWE:
Ich würde sie ermutigen, ohne jegliche Vorbehalte und ganz unverbindlich ein paar Proben mitzusingen. Die Literatur bei uns ist so vielfältig und interessant, sie zieht sich durch alle Epochen. Wir können die jungen Sänger damit begeistern. Sie müssen nur kommen. Wir werben natürlich, bisher allerdings mit mäßigem Erfolg. Die Jugend zu gewinnen wäre wirklich überlebenswichtig für alle Chöre. Ein Problem ist sicherlich die verbindliche Zusage, regelmäßig zu einem festen Termin zu den Proben zu kommen. Leider führen nur wenige Schulchöre die jungen Menschen an den Chorgesang heran. Ich versuche, die Kinder zumindest im Grundschulalter für das Singen zu begeistern.

Das Gespräch führte Paul Winterer.

31.03.2023, 19:30 Uhr, St. Josef, Holzkirchen: „Johannes-Passion“ von Johann Sebastian Bach (BWV 245) Ausführende: cantica nova holzkirchen; SatoriEnsemble München, Solisten, Leitung: Katrin Wende-Ehmer

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