Christine Nöstlinger

Brav oder nicht brav, das ist hier die Frage

Das FLTB Fools-Ensemble mit „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“ nach Christine Nöstlinger. Foto: Manfred Lehner

Familientheater in Holzkirchen

Das FLTB Fools-Ensemble brachte mit „Konrad oder das Kind aus der Konservenbüchse“ nach Christine Nöstlinger ein hinreißend inszeniertes Stück auf die Bühne, das liebenswürdig und tiefgründig gleichermaßen ist und mit seinem Ende die oben genannte Frage beantwortet.

Die Geschichten von Christine Nöstlinger sind per se großartig. Ingrid Huber gelingt es, die Stimmung der Geschichten dramaturgisch so aufzubereiten, dass daraus auch ein großartiges Theaterstück wird. Vor vier Jahren brachte sie „Geschichten vom Franz“ auf die Bühne und vor zehn Jahren schon einmal den „Konrad“.

Christine Nöstlinger
Cathrin Paul als Frau Bartolotti sagt schlimme Worte und David Lubecki als Konrad mag sie nicht hören. Foto: Manfred Lehner

Jetzt aber in der Neuinszenierung setzte die Regisseurin noch einmal eins drauf und besticht durch eine durchchoreografierte und dichte Vorstellung, in der die Botschaft des Stückes transparent aber nicht aufgesetzt ist. Maßgeblich sind am Erfolg die sieben Schauspielerinnen und Schauspieler beteiligt, die mit Spielfreude und Prägnanz in ihrem Spiel dabei sind.

Eine eifrige Bestellerin

Wenn man die Gelegenheit bekommt, an der Generalprobe teilnehmen zu dürfen, hat alles noch ein wenig den Charme des Unfertigen. Ingrid Huber räumt im wunderbar chaotischen Bühnenbild noch einiges um, Cathrin Paul sucht die Mütze, am Rand stehen noch Kartons herum.

Dann aber Punkt 12 Uhr wird so getan, als käme das Publikum herein, Hintergrundmusik ertönt und Kathrin Suda im Blaumann ist als Paketbote unterwegs. Auch Detlef Dauer und Veronika Leo, sowie Korbinian Langl eilen mit Pakten oder Briefen herbei, offenbar ist die hier im Chaos wohnende Adressatin eine eifrige Bestellerin.

Christine Nöstlinger
Das Elternpaar Cathrin Paul und Bernd Schmidt mit Konrad (David Lubecki). Foto: Manfred Lehner

Dann aber Licht aus, das Spiel beginnt. Und jetzt liefert Detlef Dauer eine große blaue Tonne an Berti Bartolotti. Der allergrößte Konsumtrottel aller Zeiten sei sie, so schimpft der Bote, neulich habe er ihr 144 Paar Socken gebracht, sie habe ja wohl einen Tick.

Cathrin Paul ist eine äußerst liebenswerte Person in all der Unordnung, schön bunt gekleidet, fröhlich und heiter. Aber ob sie diese Dose, vielleicht Thunfisch, bestellt hat, das weiß sie nicht. Thunfisch ist es nicht, sondern Knabe Konrad, ein Instantkind, das auf Bestellung in einer Fabrik produziert wurde. David Lubecki spielt den braven Konrad mit säuberlich gescheiteltem Haar ganz umwerfend ernsthaft und altklug und bewältigt das umfangreiche Textpensum mühelos.


Bernd Schmidt und David Lubecki. Foto: Manfred Lehner

Im Begleitbrief erfährt Berti Bartolotti, dass der von ihr bestellte Nachwuchs nun ihrer Aufsicht, Wartung und Zuneigung bedarf. Aber diese Anweisung ist gar nicht nötig, denn sie verliebt sich augenblicklich in Konrad und überschüttet ihn mit Kleidung, Süßigkeiten und unanständigen Liedern. Konrad indes ist so programmiert, dass er sowohl Süßigkeiten als unanständige Worte ablehnt.

Der brave Konrad

Dies wiederum macht ihn für Egon zu einem Traumkind. Bernd Schmidt spielt den Freund von Berti spießig und selbstgerecht mit Fliege und Hut und ist sicher: „Dieser Junge braucht einen Vater.“ Denn der seriöse Konrad ist ganz nach seinem Geschmack und die Zuschauerin fragt sich, was Berti wohl an diesem Spießer findet.


Detlef Dauer, Korbinian Langl, Veronika Leo und Katrin Suda. Foto: Manfred Lehner

Das ungleiche und ungewollte Elternpaar mit dem Instantkind könnte nun miteinander glücklich werden, aber leider wird in der Firma der Fehler bemerkt. Eigentlich hatte Frau Römheldt-von Schnitzler Konrad bestellt. Katrin Suda in hochhackigen Stiefeletten und in weißem Pelz liefert eine Persiflage auf die verwöhnte, anspruchsvolle Bestellerin.

Perfekt inszeniert

Der mehrmalige Auftritt der drei blauen Typen von der Firma, die Konrad vehement zurückfordern, ist perfekt inszeniert und choreografiert. Veronika Leo, Detlef Dauer und Korbinian Langl kommen im Stechschritt und synchronen Bewegungen daher, beängstigend in ihrem Automatismus und Überwachungszwang.


Die drei blauen Typen wollen Konrad wieder abholen. Foto: Manfred Lehner

Aber Berti ist eine liebende Mutter und eine kreative Person. Gemeinsam mit ihrem Egon heckt sie einen Geniestreich aus. Stück, Inszenierung, Schauspieler und Bühnenbild (Bühnenbau Sepp Kern) – ein Gesamtkunstwerk, das durch die zehn Jahre Lagerung noch gereift ist und Christine Nöstlinger mehr als gerecht wird. Besondere Anerkennung verdient David Lubecki, der hoffentlich im richtigen Leben auch einmal nicht brav ist.

Die nächsten Vorstellungen: Sonntag, 30. 10., Samstag, 5.11., Samstag, 12.11. um 16 Uhr und Sonntag, 13.11. 11 Uhr. Karten unter www.kultur-im-oberbraeu.de

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