Kabarett im Dritten Reich und heute in Waakirchen

Ramon Bessel und Sebastian Schlagenhaufer (v.l.). Foto: privat

Kleinkunst in Waakirchen

Mit einem hochkarätigen und spannenden Programm wartet die Waakirchner Kleinkunstbühne in der neuen Saison auf. Den Start übernimmt am 23. September der bekannte Musikkabarettist Werner Meier, gefolgt von dem ganz besonderen Programm „Operation HEIL! Kräuter“ Wir haben mit den Protagonisten gesprochen.

Ramon Bessel ist in der Region als Musiker, Sänger, Pianist, Komponist bekannt, stammt er doch aus Gmund und war auch schon mit seinem Programm „Lieder zum Festhalten“ in Waakirchen zu Gast. Damit wird er auch bei der Otterfinger Kulturwoche auftreten.

Operation HEIL! Kräuter
Operation HEIL! Kräuter. Foto: privat

Sebastian Schlagenhaufer ist Kabarettist und Autor und künstlerischer Leiter der Stadthalle in Grafing. Er fand zufällig kabarettistische Texte, die im Dritten Reich entstanden, und war fasziniert. „Es war schnell klar, das wollte ich auf die Bühne bringen, denn das kennt keiner“, sagt er. Er begann Texte, Lieder und Szenen zu sammeln, sowohl von bekannten Autorinnen und Autoren wie Erika Mann, Theres Giehse, Karl Valentin oder Werner Fink, als auch von weniger bekannten.

Dazu, so erzählt Sebastian Schlagenhaufer, habe er die biografischen Hintergründe und die politischen Rahmenbedingungen recherchiert. Die Entwicklung der Zuspitzung der Lage in Deutschland zwang viele kritische Kulturschaffende ins Exil zu gehen. „In London gab es ein deutschsprachiges Kabarett, das versuchte über den Rundfunk nach Deutschland zu senden“, informiert der Grafinger.


Sebastian Schlaghaufer. Foto: Sebastian Rossmann

Man habe sogar im Krieg in Russland ein über Hitler geschriebenes Lied über der Front vom Flugzeug abgeworfen. „Die Texte sind gesellschaftlich heute immer noch aktuell und relevant“, erklärt der Autor, man erkenne in den Geschichten Gestalten wie Trump oder Putin.

„Als wir das Programm gemacht haben, war noch Trump aktuell und ein Lied von Erika Mann passt exakt sowohl auf ihn als auch die Putinsche Kriegsführung“, ergänzt Ramon Bessel, „die Strategien sind gleich“.


Ramon Bessel. Foto: Max Saufler

Er kenne Ramon als ernsthaften Komponisten und Pianisten und habe ihn deshalb eingeladen, mit ihm das Projekt zu realisieren, erklärt Sebastian Schlagenhaufer. „Das hat mich gereizt“, sagt Ramon Bessel, denn bei ihm klaffe eine Bildungslücke, was den geistigen Widerstand im Dritten Reich anbelange. Die Großen seien bekannt, aber es habe eben auch unbekannte Texter gegeben, die ihn mit ihrem Mut und ihrer Klarheit beeindruckt hätten.

Und er frage sich, ob wir heute den Mut hätten, die Kunst gegen eine Diktatur einzusetzen, ins Exil zu gehen. Erika Mann sei mit ihrem Kabarett „Pfeffermühle“ durch Europa und letztlich bis nach New York gezogen. „Diese Menschen haben mich als Vorbilder neugierig gemacht.“

Schnaderlhüpferl von Stofferl Well

Für seine musikalische Umsetzung könne er teilweise auf alte Originalaufnahmen zurückgreifen, die er transkribiert habe, erklärt der Komponist, oder aber auf Hinweise, wie die Lieder vermutlich geklungen haben. Er begleite wie damals auf dem Klavier und habe die Arrangements auf ihre Stimmen abgestimmt. Als Vorbilder hätten ihm beispielsweise die Comedian Harmonists wie auch eine Heurigenmelodie gedient. Für ein Schnaderlhüpferl habe er bei Stofferl Well von der ehemaligen Biermösl Blosn nachgefragt und Zustimmung und Unterstützung erfahren.

Operation Heil! Kräuter
Plakat zu „Operation HEIL! Kräuter. Foto: privat

Die beiden Künstler haben aus Wort und Musik einen Abend des Infotainments gestaltet. Unter dem Titel „Operation HEIL! Kräuter – Kabarett im Dritten Reich“ bringen sie neu arrangierte Songs, Texte und kurze Szenen aus Bühnenprogrammen deutscher und österreichischer Kabarettisten aus der Zeit des Nationalsozialismus wieder zu Gehör, ergänzt mit Hintergrundinformationen zur Biografie der Künstler und den politischen Bedingungen der Zeit.

Das Programm hatte im November 2020 Premiere und konnte bislang bei mehr als zehn Vorstellungen präsentiert werden. „Es weckt viel Interesse bei Veranstaltern und wir präsentieren es jetzt an bestimmten historischen Terminen“, informiert Ramon Bessel.

Operation HEIL! Kräuter geistiger Anschlag

Der Titel der Veranstaltung habe zwei Hintergründe. Zum einen habe es die Operation Walküre gegeben, den physischen Anschlag auf das Hitlerregime, die Operation HEIL! Kräuter solle den geistigen Anschlag darstellen und beziehe sich auf ein Zitat von Karl Valentin, der gesagt haben solle: „Der Herr Hitler kann froh sein, dass er nicht Kräuter heißt. Sonst müssten wir immer Heil Kräuter rufen.“


Werner Meier. Foto: privat

Operation HEIL! Kräuter – Kabarett im Dritten Reich mit Sebastian Schlagenhaufer und Ramon Bessel am 21. Oktober um 19.30 Uhr in der Schulaula Waakirchen, Veranstalter: Kleinkunstbühne Waakirchen.
Schon am Freitag, 23. September um 19.30 Uhr ist Werner Meier, der Meister des hintersinnigen Humors mit „Nah dran“ in Waakirchen zu Gast.

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