Raunächte

Die Raunächte in Worten und Klängen

Karl-Heinz Hummel und die Kampp-musi. Foto: MZ

Musikalische Lesung in Großhartpenning

Zur vierten Raunacht hatten Karl-Heinz Hummel, die Kampp-musi und Georg Hahn in den Hahnhof nach Großhartpenning eingeladen. Es erwartete sie ein mit Begeisterung aufgenommener Abend, an dem sich Geschichten und Musik über die Raunächte ganz wunderbar ergänzten. Und zum Schluss wurde geräuchert.

„Angst braucht ihr keine zu haben, aber bisserl gruseln darf es euch schon“, begrüßte Hausherr Schorsch Hahn das zahlreiche Publikum auf dem Hahnhof, auf dem der Biolandwirt immer wieder auch Kultur anbietet.

Raunächte
Georg Hahn begrüßt das Publikum. Foto: MZ

Dieses Mal hatte er mit Karl-Heinz Hummel aus München einen versierten Schriftsteller, Librettisten und Schauspieler eingeladen, der sich unter anderem mit dem Sagengut der Raunächte befasste und in einem Buch zusammenstellte. Als professioneller Geschichtenerzähler und Darsteller tritt er seit Jahren mit dem Raunachtprogramm auf.

Karl-Heinz Hummel
Karl-Heinz Hummel. Foto: MZ

War er früher mit der Nagl-Musi unterwegs, gestaltet er jetzt die Raunachtvorstellung mit der Kampp-musi, alles Schüler des verstorbenen Uwe Block von der Formation, die sich als schräge Volksmusiker einen Namen gemacht hat. Er selbst beteiligt sich immer wieder als Drummer am musikalischen Geschehen.


Kampp-musi. Foto: MZ

Das Programm ist eine ganz fantastische Verwebung von Sprache und Musik. Zuweilen untermalt eines der Instrumente den Vortrag von Karl-Heinz Hummel, zuweilen werden die Instrumente lautmalerisch eingesetzt, um den Wind oder die Wilde Jagd akustisch darzustellen. Dann aber wieder bieten die sechs Musikerinnen und Musiker eigenständig instrumentale Volksmusik vom Feinsten.

Raunächte
Daniel Kollmer, Angelika Kamp und Ferdinand Huber (hinten v.l.), Anna Auer, Martin Kamp und Susanne Kuprat (vorn v.l.). Foto: MZ

Anna Auer und Martin Kamp (Hackbrett), Susanne Kuprat (Klarinette) und Daniel Kollmer, Angelika Kamp und Ferdinand Huber (Gitarre) haben Stücke voller Melodien und Schwung ausgewählt, viele von Uwe Block komponiert, die sich in die Geschichten, Sagen und Gedichte vortrefflich einfügen.

Karl-Heinz Hummel hat eine Menge von Sagen gesammelt, Geschichten und Gedichte selbst verfasst und trägt sie gekonnt vor. Das Publikum darf über alte Bräuche staunen, den der Autor immer wieder auch einen modernen Schluss verpasst hat.


Illustration von Bernd Wiedemann. Foto: Karl-Heinz Hummel

Er startet mit der ersten Raunacht, der Thomasnacht am 21. Dezember. „Es ist eine Losnacht, in der man die Zukunft vorhersehen kann. Will jemand wissen, wen er heiraten werde, so muss er vor dem Schlafengehen den Bettstaffel treten“, erklärt der Vortragende. Legt er oder sie sich dann verkehrt herum ins Bett, erscheint der oder die Zukünftige.

Wenn das Vieh redet

Zur Christnacht, der zweiten Raunacht, ruht die Arbeit. In dieser Nacht soll das Vieh im Stall zu reden anfangen und künftige Ereignisse vorhersagen. So hörte ein Bauer, wie um Mitternacht ein Ochse sagte: „Im Sommer wird sich unser Bauer beim Krautessen erwürgen.“ Der zweite Ochse fügte bei: „Und wir zwei werden ihn zum Friedhof ziehn.“ Der Bauer vergaß die Weissagung und tatsächlich erstickte er.
Illustration von Bernd Wiedemann. Foto: Allitera-Verlag

In der Christnacht werde auch das Ungeziefer vertreiben, informierte Karl-Heinz Hummel, das gelte auch für Viren aus dem Internet. Immer wieder schlägt er augenzwinkernd den Bogen zur Gegenwart und erklärt aus einer Sage auch die Bekehrung zum Veganertum.

Wenn die Wilde Jagd das Leichentuch bringt

Die Wilde Jagd prägt die dritte Raunacht zu Silvester. Es durfte keine weiße Wäsche aufgehängt werden, weil sich sonst die Wilde Jagd das Leinen holt und es als Totenhemd im nächsten Jahr wiederbringt. Karl-Heinz Hummel berichtet aber neben den Sagen über die Wilde Jagd auch über Silvesterbräuche und Wetterprognosen an Silvester.
Illustration von Bernd Wiedemann. Foto: Allitera-Verlag

Letztlich kommt er bei der aktuellen vierten Raunacht, der Epiphanisnacht zum 5. Januar an, in der die Frau Percht mit den ungetauft verstorbenen Kindern unterwegs ist. Man stellt ihnen am Abend Milch mit eingebrockten Semmeln auf den Tisch. In der Nacht ist dann wohliges Schmatzen und Schlürfen zu vernehmen, zum Dank für die Großzügigkeit segnet Frau Percht das Haus fürs ganze Jahr. Aber sie kann auch anders und bestraft Neugier und Nachbarschaftsstreitereien.


Karl-Heinz Hummel in Hochform. Foto: MZ

Mit der ersten erklatschten Zugabe läuft Karl-Heinz Hummel zur Hochform auf. Sein „Weihnachtliches Drama in fünf Akten“ zeigt seine erstklassigen schauspielerischen Qualitäten. Der Kreitmaier aus Niederbayern will unbedingt „Der Wald ist schön“ im bayerischen Rundfunk hören, kommt aber beim Service nicht durch und muss eine Maß nach der anderen trinken. Muss man gehört haben, unbeschreibbar.

Aber erst nach der zweiten Zugabe, wiederum gemeinsam mit der Kampp-musi, entlässt das Publikum die Vortragenden und wird nunmehr ganz traditionell und passend zum Abend zum Räuchern eingeladen.

Raunachtssagen von Karl-Heinz Hummel, erschienen im Allitera-Verlag.

Zum Weiterlesen: Raunachtsagen Teil 1
Raunachtsagen Teil 2

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