Schaufensterbühne

Schaufensterbühne verzaubert Holzkirchner Publikum

Fast wie im richtigen Theater. Foto: Petra Kurbjuhn

Kunstaktion in Holzkirchen

Mit einer überraschenden und kreativen coronakonformen Darbietung begeisterten am Samstagvormittag Lydia Starkulla und Christiane Ahlhelm die Marktbesucher in Holzkirchen. Da ertönte plötzlich aus der Gemeindebücherei eine Stimme nach draußen.

Punkt 10 Uhr war es so weit. Vor dem Fenster der Bücherei hatten sich ein paar Menschen versammelt. Sie hatten sich bereit erklärt, etwaige Menschenansammlungen zu zerstreuen, unter ihnen auch der Valleyer Bildhauer TOBEL und seine Mutter, die Künstlerin Lotte Koch. Und da stand ein Lautsprecher. Nach dem Glockenläuten also die Stimme.

Schaufensterbühne
Punkt um 10 Uhr startete die Schaufensterbühne. Foto: Petra Kurbjuhn

Wegen des Sonnenscheins konnten die überraschten Zuschauer nur erahnen, dass sich hinter dem Schaufenster eine winzige Bühne befand, auf der Christiane Ahlhelm und Lydia Starkulla mit einem Bücherstapel Platz genommen hatten.

„Wer möchte ein Gedicht?“ fragte die Stimme und die Marktbesucher blieben überrascht und zunächst unschlüssig stehen. Die Stimme lud ein, auf der Bank vor dem Schaufenster Platz zu nehmen. Anfangs zögerlich, dann immer mutiger nahmen die Holzkirchner Platz auf der Bank.

Schaufensterbühne
Ein Gedicht für die junge Dame mit hochgeschlossener Bluse. Foto: Petra Kurbjuhn

„Möchten Sie das Orakel befragen oder an der Lyriklotterie teilnehmen?“ hieß es dann. Wählte man das Orakel, dann wurde der/die Betreffende kritisch beäugt und ein passendes Gedicht anhand äußerlicher Kennzeichen ausgewählt. Eine junge Frau mit hochgeschlossener Bluse, eine ältere Frau in roter Hose, eine Familie mit zwei kleinen Kindern.

Seemanns- und Frühlingsgedicht

Jedem wurde das passende Gedicht vorgelesen und das Publikum bedankte sich mit Applaus, der nur optisch nach innen drang, die akustische Kommunikation war einseitig von drinnen nach draußen. Unsere Fotografin Petra Kurbjuhn, die ein quer gestreiftes Shirt trug, wurde mit einem Seemannsgedicht bedacht. Eine Dame, die gerade einen Ranunkeltopf am Markt erworben hatte, erhielt ein Frühlingsgedicht als Geschenk. Und ein Mann im lässigen Anzug freute sich über ein Gedicht über die Hirschlederne.

Schaufensterbühne
Landrat Olaf von Löwis und Frau Sibylle ließen sich Gedichte schenken. Foto: Petra Kurbjuhn

Im Laufe des Vormittags kam auch Landrat Olaf von Löwis mit seiner Frau Sibylle vorbei und nahm auf der Bank Platz, um sich die zu ihnen passenden Gedichte abzuholen. Bis Punkt 12 Uhr wiederum die Glocken ertönten und die „Schaufensterbühne“ zu Ende ging. „Großartig“, sagte Bürgermeister Christoph Schmid, man spüre, wie es dem Publikum, aber auch den beiden Schauspielerinnen Freude mache.

Christiane Ahlhelm und Lydia Starkulla bedankten sich bei der Marktgemeinde und der Bücherei für die Unterstützung und bei KulturVision für die Förderung des Projekts.

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Es sei als Überbrückung gedacht, bis wieder richtiges Theater auf richtigen Bühnen stattfinden könne. Theater Kunstdünger und das ensemble peripher freuen sich schon, das Publikum wieder begrüßen zu dürfen.

Schaufensterbühne als Kooperationsprojekt

Die Idee zum Projekt „Schaufensterbühne“ hatten die beiden Schauspielerinnen schon zu Beginn des Jahres und legten sich die technische Ausrüstung dafür zu. Über den Kontakt zu Eva-Maria Schmitz von der Standortförderung und Ute Knopp, Leiterin der Gemeindebücherei, konnte es jetzt realisiert werden. Beide seien sehr kooperativ gewesen, betonen die Schauspielerinnen.

Schaufensterbühne
Lydia Starkulla und Christiane Ahlhelm vor der Gemeindebücherei kurz vor 10 Uhr. Foto: Petra Kurbjuhn

„Wir waren nicht mehr gewöhnt zu spielen“, sagt Lydia Starkulla, es habe sich etwas verändert. Das Eigenartige sei, fügt Christiane Ahlhelm hinzu, dass man sich im Schaufenster selber sehe, wie in einem Spiegel, man sei also immer unmittelbar dabei, ganz anders als im echten Theater.

Kunstaktion mit Poesie

Die beiden Darstellerinnen sehen ihre Idee nicht als Lesung, sondern als Kunstaktion, in die sie die Zuschauer einbinden. Die meisten lassen das Orakel sprechen, aber einige ziehen aus der Lotterie auch eine Zahl, die dann einem vorher ausgewählten Gedicht zugeordnet wird.

Ganz eindeutig war diese Premiere ein großer Erfolg, die Marktbesucher ließen sich gern überraschen und nahmen sich Zeit für einen kurzen Moment des Innehaltens, des sich Einlassens auf Poesie, auf Kommunikation. Alle verließen den Platz mit einem Lächeln auf dem Gesicht.

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