Sonntagsmatinee für Timm Tzschaschel

Federica Simonelli und Bruno di Girolamo. Foto: Hannah Miska

Sonntagsmatinee im Schlierseer Bauerntheater

„Wer bekommt denn schon ein Konzert von zwei so wunderbaren Künstlern zum Geburtstag geschenkt?“, sagt ein zutiefst dankbarer Timm Tzschaschel. Der Klarinettist Bruno di Giralamo und die Pianistin Federica Simonelli verzaubern mit ihrem Abschlusskonzert beim Schlierseer Kulturherbst nicht nur ihn, sondern das ganze Publikum der Sonntagsmatinee im Schlierseer Bauerntheater.

Dieses Konzert sei einem Menschen gewidmet, der sich seit Jahrzehnten unermüdlich darum bemühe, das Interesse der Schlierseer an der Kultur und ihre Liebe zur Musik zu entfachen, so eröffnete Tini Polt die Sonntagsmatinee, und es war klar, wen sie damit meinte: Timm Tzschaschel, den engagierten Dirigenten, der 1985 mit seiner Familie an den Schliersee zog.


Vor dem Konzert – Timm Tzschaschel studiert das Programm. Foto: Hannah Miska.

Und um ihm nun einen angemessenen Blumenstrauß zu seinem 80. Geburtstag zu binden, sei niemand besser geeignet als der Klarinettenvirtuose Bruno di Giralamo und dessen Partnerin, die Pianistin Federica Simonelli. Die beiden machten nämlich in ihrem Heimatort Terracina, einem schönen, alten Hafenstädtchen zwischen Rom und Neapel, das Gleiche, was Timm Tzschaschel in Schliersee macht: als Botschafter der Musik unterwegs zu sein.

Künstler aus dem Latium bei Sonntagsmatinee

Tini Polt, die mit ihrem Mann seit Jahrzehnten ein zweites Zuhause im latinischen Terracina hat, hat nicht zu viel versprochen. Als Mitbegründer der Mozart-Gesellschaft in Terracina kennt das Ehepaar Polt den Maestro gut: Mit Bruno di Girolamo, Absolvent und später Professor am berühmten Musikkonservatorium Santa Cecilia in Rom, der mit allen großen italienischen Orchestern spielt und Solokonzerte gibt, haben sie einen hochkarätigen Klarinettisten nach Schliersee geholt. Zusammen mit Federica Simonelli, die Musiklehrerin am Gymnasium in Terracina ist, gibt er nun ein Konzert für Klarinette und Klavier – zusammengestellt von ihm zum 80. Geburtstag für Timm Tzschaschel.


Die beiden Künstler auf der Bühne des Schlierseer Bauerntheaters. Foto: Hannah Miska.

Die beiden Künstler beginnen, wie kann es anders sein, mit Mozart – mit dem Adagio aus dem Konzert KV 622 für Klarinette und Orchester, das Mozart zwei Monate vor seinem Tod komponiert hat. Jeder kennt es, und bereits bei den ersten wunderbaren Klarinettentönen weiß man: Man hat nichts falsch gemacht, den Biergarten trotz besten Sommerwetters mit dem Bauerntheater zu vertauschen.

Von Mozart bis Gershwin und Piazolla

Die Veranstalter hatten die wirklich gute Idee, die Stücke jeweils kurz anzukündigen, was dankenswerterweise Marianne Gmelin übernahm. Sie erläutert also, dass das nächste Stück aus dem 3. Akt der Puccini-Oper Tosca stammt, in der der zum Tode verurteilte Caravadossi die Liebesnächte mit Tosca heraufbeschwört. Girolamo und Simonelli spielen es in perfekter Harmonie.

Es folgt das „Concertino per Clarinetta e Orchestra“, das von Ante Grgin, dem ersten Klarinettisten der Belgrader Philharmonie stammt, der auch komponiert. Ein Stück, das jazzt und swingt, in dem sich die Klarinette zu unerschwinglichen Höhen emporreckt, in dem sich Klarinette und Piano bei rasendem Tempo necken — und bei dem auch die wundervolle Simonelli am Klavier ihr Können unter Beweis stellen kann — ein atemberaubender musikalischer Genuss.


Der Maestro. Foto: Hannah Miska.

Es folgen Verdi, Puccini und Franz Danzi mit Mozart-Variationen und so ganz nebenbei lernt man von Marianne Gmelin, dass Astor Piazolla seinen Klassiker „Adios nonino“ — in seinem Kummer um den verstorbenen Vater — in ganzen fünfundvierzig Minuten komponiert und später mehrfach vergeblich versucht hat, diese Komposition zu übertreffen. Zum Schluss, die Zuhörer werden nicht enttäuscht, spielen die beiden Künstler den coolen Gershwin „It ain’t necessarily so“ aus Porgy und Bess.

Complimenti vivissimi

Die etwa fünfundachtzig Zuhörer spenden lang anhaltenden Applaus, eine Zugabe muss her, danach eilt Johannes Wegmann auf die Bühne, kramt sein bestes Italienisch hervor (si, si, bravissimo Bruno e Federica!), und bedankt sich für dieses hinreißende Abschlusskonzert des Schlierseer Kulturherbsts. Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer dankt Johannes Wegmann, ohne den es die Kulturveranstaltung nicht gäbe, sowie allen anderen unermüdlichen Helfern, die den Kulturherbst erst möglich machen.


Bruno di Girolamo, Johannes Wegmann und Timm Tzschaschel (v.l.). Foto: Hannah Miska.

Und das Geburtstagskind? Stürmt nun auch auf die Bühne, umarmt die Pianistin, bedankt sich bei Bruno di Giralamo. Am liebsten, so sagt Timm Tzschaschel dem Publikum, würde er sich nun im Gegenzug mit seinem Konzert „Sonnengesang und Chorfantasie“ bei den beiden Künstlern bedanken — aber das hätte ja nun leider schon am gestrigen Samstagabend stattgefunden.


Im Gespräch nach dem Konzert — Timm Tzschaschel mit Gerhard Polt. Foto: Hannah Miska.

Tauschkonzert mit Timm Tzschaschel

Draußen scheint die Sonne wie im Hochsommer, nun also doch noch in den Biergarten. Bei einem Weißbier lauscht man dem wundervollen Konzert nach und denkt: Wär schön, wenn diese beiden Künstler öfter mal nach Schliersee kämen. Beim anschließenden Essen unter den Künstlern, so wird getuschelt, wurde genau dies besprochen: Timm Tzschaschel fährt nach Terracina, um dort ein Konzert zu geben, und Girolamo und Simonelli konzertieren gelegentlich mal wieder in Schliersee.

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