Agrarwende ist möglich

BESH-Gründer Rudolf Bühler. Foto: DENKmal-Film

Filmtipp von KulturVision

Mit seinem soeben erschienenen Dokumentarfilm „Und es geht doch… Agrarwende JETZT!“ beweist der Münchner Filmemacher Bertram Verhaag, dass eine andere Art der Landwirtschaft möglich ist, und das für fast 1.600 Bauernfamilien seit 35 Jahren.

Bertram Verhaag sieht sich seit fast 40 Jahren mit 140 Filmen für politische, umwelt- und sozialpolitische Themen verpflichtet. In jüngster Zeit lag der Schwerpunkt seiner engagierten Arbeit mit seiner Produktionsfirma DENKmal-Film bei positiven Beispielen aus der Landwirtschaft. Er zeigte Menschen, die ökologisch, ganzheitlich und nachhaltig wirtschaften. In seinem Film „Wurzeln des Überlebens“ stellte er fünf Bäuerinnen und Bauern vor, die sich das alte Wissen der letzten Jahrtausende zunutze machen und weiterentwickeln.

Blue eyed
Filmemacher Bertram Verhaag. Foto: DENKmal-Film

Auch Rudolf Bühler, ein Hohenloher Bauer in 14. Generation auf dem Hof, sieht sich der biologischen Landwirtschaft verpflichtet und will die bäuerliche Struktur der Höfe erhalten. Deshalb hat er vor 35 Jahren die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch-Hall (BESH) gegründet, die den Landwirten die Abnahme ihrer Produkte zu einem fairen Preis garantiert. Dafür müssen die Erzeuger sich an Richtlinien, wie artgerechte Haltung, keine Antibiotika und Pestizide halten.

Diese Geschichte des unermüdlichen Kämpfers für eine andere bessere Landwirtschaft faszinierte Bertram Verhaag. Die filmische Umsetzung aber gestaltete sich schwierig und zog sich über fünf Jahre hin, da er keine öffentliche Förderung erhielt. Nur durch private Sponsoren und Stiftungen sowie einer Crowdfunding-Aktion schaffte er es, das Geld aufzutreiben.

Vor den Vereinten Nationen

Bertram Verhaag begleitet in seinem Film den engagierten Landwirt in seiner täglichen Arbeit auf dem Feld, im Stall, im Kreise seiner Familie. Wenn er sagt „Die Arbeit macht Spaß“, dann glaubt man es ihm aufs Wort. Die Kamera ist auch dabei, wenn er vor den Vereinten Nationen in New York spricht oder wenn er in Indien die Kooperation mit den Bauern festigt und ihnen Pfeffer zu fairen Preisen abkauft.

Als „gestaltgewordene Alternative“ bezeichnete Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast den Bauernrebellen. Und als „Erfolgsmodell, wie ich es sonst nicht kenne“, lobt Grünenpolitiker Rezzo Schlauch. Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Walter Kretschmann bekennt sich als Fan der BESH und bescheinigt dem „klugen Kopf und Dickschädel Bühler“, dass er es geschafft habe, eine einfache Botschaft zu vermitteln: Es lohnt sich, gesunde Lebensmittel zu produzieren.

Prinz Charles bei der BESH

Hubert Weiger, Ehrenvorsitzender des Bundes Naturschutz, lobt die BESH als „einen der neuen hervorragenden Wege in der Landwirtschaft“.

Sogar der damalige Prinz Charles, dem Bertram Verhaag einen eigenen erfolgreichen Film „Der Bauer und sein Prinz“ widmete, besuchte die Erzeugergemeinschaft.

Rudolf Bühler
Rudolf Bühler spricht vor der BESH. Foto: DENKmal-Film

„Er ist jemand, der etwas verändern will“, sagt Bertram Verhaag über seinen Protagonisten, „er hat eine Wahnsinnspower und damit setzt er seine Ideen um.“ Ihm gefallen vor allem seine Sätze: „Wir wissen wie es geht, man muss es nur tun“ und „Jeder hat eine Aufgabe im leben, die muss man entdecken.“

Rudolf Bühler erklärt seine Motivation so: „Die Bauern sind die Verlierer der industriellen Entwicklung“, und „wir wollen uns nicht zu Knechten des Großkapitals machen lassen“. Er habe in seinen Lehr- und Wanderjahren nach dem Studium in verschiedenen Länder der Welt erkennen müssen, dass überall die Bauern als Loser der Entwicklung von der Wertschöpfungskette abgehängt wurden.

Zudem sei es zu einem Schwund der Artenvielfalt gekommen. So habe er, nachdem er den Hof übernommen habe, in einem ersten Schritt das schwäbisch-hallische Landschwein als alte Landrasse gerettet, aber auch alte Gewürz- und Obstsorten wieder kultiviert. In den neunziger Jahren dann gründete der engagierte Landwirt die BESH mit acht Höfen.

Agrarwende
Kameramann Waldemar Hauschild. Foto: DENKmal-Film

Stolz kann er berichten, dass man ihn belächelt habe, aber heute sind es fast 1.600 Höfe, die sich trotz des Widerstandes der Berufsverbände der Gemeinschaft angeschlossen haben. In der BESH wird auch die Mutterkuhhaltung gepflegt, Kühe und Kälber sind miteinander auf der Weide, bis die Kuh wieder trächtig wird.

Die Kamera schwenkt in die Heumilchkäserei Geifertshofen, die den Landwirten 64 Cent pro Liter zahlt und wo alles, auch die Molke, verwertet wird. Hier engagiert sich Nadine Bühler, die schwiegertochter von Rudolf Bühler.

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Nadine Bühler. Foto: DENKmal-Film

Auch die Schlachtung hat die BESH selbst in die Hand genommen und betreibt einen eigenen regionalen Schlachthof mit Wurstmanufaktur ohne chemische Zusatzstoffe, der die heimischen Metzger und Gastronomen beliefert.

Bertram Verhaag wechselt in seinem Film immer wieder zwischen Gesprächen mit Rudolf Bühler, dessen Familienmitgliedern sowie Landwirtinnen und Landwirten der Erzeugergemeinschaft mit Bildern aus der Natur, sich tummelnden Schweinen und Kühen und zeigt damit eine Landwirtschaft, wie sie überall sein sollte.

World Organic Forum

Zufriedene, solidarisch arbeitende Menschen, artgerecht gehaltene Tiere und eine intakte Natur zeichnen die BESH aus. Das Leuchtturmprojekt hat es geschafft, der jungen Generation wieder Lust auf landwirtschaft zu machen. Das Wissen, was hier in 35 Jahren gesammelt wurde, wird seit 2015 in einer Akademie weitergegeben. Als „Nucleus der Agrarwende“ bezeichnet Rudolf Bühler das Schloss Kirchberg, das die BESH kaufte und umbaute. Er bezeichnet es im Gegensatz zum World Economic Forum in Davos als World Organic Forum. „Hier entstehen neue Leitgedanken im Sinne der Gemeinwohlökonomie“, konstatiert am Ende des Films Umweltwissenschaftler Ernst Ulrich von Weizsäcker.

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Das schwäbisch-hallische Schwein. Foto: DENKmal-Film

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